Wohnungsleerstand in Deutschland
Herausforderung oder Chance für Immobilieninvestoren?
Während in den Ballungsräumen Deutschlands Wohnungen knapp sind und die Mieten steigen, kämpfen viele ländliche Regionen mit dem genauen Gegenteil: Wohnungsleerstand. Ganze Straßenzüge mit leerstehenden Häusern oder ungenutzte Wohnungen in ehemals lebendigen Stadtzentren sind keine Seltenheit. Doch wo ist der Leerstand besonders hoch? Und wie gehen Städte und Gemeinden mit dieser Herausforderung um? Eine Analyse mit Blick auf aktuelle Zahlen, zukünftige Entwicklungen und gelungene Projekte.
Aktuelle Zahlen: Wie leer steht Deutschland?
Im Mai 2022 waren rund 1,9 Millionen Wohnungen in Deutschland unbewohnt – das entspricht einer Leerstandsquote von 4,3 Prozent. Diese Daten stammen aus der Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus 2022. Dabei handelt es sich sowohl um kurzfristige Leerstände (z. B. wegen Umzügen oder Renovierungen) als auch um dauerhaft ungenutzte Immobilien.
Bereits seit 2016 ist ein erneuter Anstieg der Leerstände, insbesondere in strukturschwachen, ländlichen Regionen, zu beobachten. In stark wachsenden Metropolen dagegen bleibt der Wohnraum knapp. Hier liegt die Leerstandsquote häufig unter 1 Prozent – in Städten wie Frankfurt, Hamburg oder München sogar deutlich darunter.
Laut dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) waren im Jahr 2024 rund 96 % aller Regionen Deutschlands von einem realen Preisrückgang bei Eigentumswohnungen im Bestand betroffen. Besonders deutlich war der Rückgang in den sieben größten Metropolen – den sogenannten „Big 7“ – im Vergleich zu Großstädten, Mittelstädten und Landkreisen.
Nur in 16 Regionen stiegen die Preise real an – also unter Berücksichtigung der Inflation.
Im Durchschnitt gingen die Preise inflationsbereinigt um satte 10,1 % gegenüber 2022 zurück. Zum Vergleich: 2022 lag der Rückgang nur bei 0,7 %.
Auch nominal – also ohne Inflationsanpassung – waren die Rückgänge spürbar: Die Preise sanken im Mittel um 4,2 % über alle Kreise und kreisfreien Städte hinweg.
Diese Daten stammen aus der aktuellen Studie „Postbank Wohnatlas 2024“ und verdeutlichen:
Der Immobilienmarkt kühlt sich deutlich ab – auch in bisher hochpreisigen Lagen.

Quelle: https://www.baulinks.de//webplugin/2024/i/0377-postbank-wohnatlas-01.jpg
Wo der Wohnungsleerstand besonders hoch ist!
Die Unterschiede zwischen den Regionen sind gravierend. Besonders betroffen sind ostdeutsche Bundesländer wie:
- Sachsen-Anhalt: 12,6 % Leerstand
- Sachsen: 10 %
- Thüringen: 10 %
Aber auch westdeutsche Regionen wie der Hunsrück, die Eifel oder der Bayerische Wald verzeichnen erhöhte Leerstandsquoten – wenn auch auf niedrigerem Niveau.
Einige Beispiele:
- Vogtlandkreis oder Salzlandkreis: bis zu 18 % Leerstand
- Stadt Dessau-Roßlau: rund 15 %
- Landkreis Cochem-Zell (Rheinland-Pfalz): etwa 10,1 %
Dagegen verzeichnen wirtschaftsstarke Bundesländer wie Baden-Württemberg (3,8 %), Bayern (4,5 %) und Nordrhein-Westfalen (4,6 %) vergleichsweise geringe Leerstände.
In Großstädten mit über 100.000 Einwohnern liegt die Leerstandsquote durchschnittlich nur bei 2,1 % – der Großteil davon ist kurzfristig bedingt und gilt als sogenannte Umzugsreserve.
Warum der Wohnungsleerstand künftig zunehmen könnte
Eine Studie des BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung) geht davon aus, dass die Leerstände in den kommenden Jahren wieder deutlich steigen werden. Hauptgründe dafür:
- Bevölkerungsrückgang in vielen Regionen
- Sinkende Haushaltszahlen
- Veränderte Wohnbedürfnisse: Viele leerstehende Wohnungen passen nicht mehr zu den Erwartungen potenzieller Mieter (z. B. in Größe, Zuschnitt oder Lage)
Gerade in schrumpfenden Gemeinden kann es paradoxerweise sinnvoll sein, neue Wohnungen zu bauen, z. B. altersgerechte oder barrierefreie Wohnungen für Senioren.
Was die Politik gegen den Wohnungsleerstand unternimmt
Ein zentraler Baustein der Stadtentwicklung ist seit Jahrzehnten die Städtebauförderung. Bereits 2002 wurde mit dem Programm „Stadtumbau Ost“ gezielt der Rückbau von nicht mehr benötigtem Wohnraum in Ostdeutschland gefördert. Zwischen 2001 und 2018 wurden in den neuen Bundesländern und in Berlin rund 370.000 Wohnungen abgerissen, 93 % davon im Rahmen des Programms.
Ab 2004 folgte das Programm „Stadtumbau West“, das sich auch an westdeutsche Kommunen richtete. 2017 wurden beide Programme zum gemeinsamen Programm Stadtumbau zusammengeführt.
Insgesamt hat der Bund bis 2018 über 3,15 Milliarden Euro für Stadtumbauprojekte zur Verfügung gestellt. Dies führte nicht nur zu städtebaulichen Verbesserungen, sondern auch zu einer Vielzahl privater Folgeinvestitionen in betroffenen Gemeinden.
Erfolgreiche Praxisbeispiele: So wird Wohnungsleerstand neu belebt
Hiddenhausen (NRW): Mit dem Programm „Jung kauft Alt“ wurden gezielt junge Familien beim Kauf und der Renovierung alter Häuser im Ortskern unterstützt. Bis 2019 wurden 580 Altbauten vermittelt.
Naumburg (Sachsen-Anhalt): Das Projekt „Dieses Haus will LEBEN“ brachte leerstehende Altbauten in der Innenstadt an Privatinvestoren oder Selbstnutzer. Ergebnis: 15 Immobilien wurden erfolgreich verkauft und wieder bewohnt oder als Büros genutzt.
Diese Initiativen zeigen, dass kreative kommunale Programme Leerstand reduzieren und gleichzeitig die Attraktivität von Stadtzentren steigern können.
Fazit für Immobilienbesitzer und Investoren
Für Immobilienbesitzer und Investoren bietet der Leerstand nicht nur Risiken, sondern auch Chancen:
- Günstige Einstiegspreise in strukturschwachen Regionen
- Förderprogramme für Sanierung und Umnutzung
- Wertsteigerungspotenzial durch kluge Nachnutzungskonzepte
Gleichzeitig ist ein präziser Blick auf Standortentwicklung, Bevölkerungsprognosen und Förderkulissen unerlässlich. Der Leerstand von heute kann – bei der richtigen Strategie – die Renditechance von morgen sein.
Tipp: Achte bei Investitionen in leerstandsgeprägte Regionen besonders auf kommunale Förderprogramme, Kooperationsmöglichkeiten mit Städten und langfristige Entwicklungsperspektiven. Wer hier strategisch denkt, kann mit Substanz und Weitblick investieren.
Siehe verwandes Thema: Leerstand der Mietwohnung